WP 1: Biogeochemische/ökologische Kipppunkte des HUS

Deutsche PI's:  Ulf Riebesell und Allanah Paul, GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Meeresforschung Kiel

Peruanischer PI: Michelle Graco, IMARPE Peru

Fester anorganischer Stickstoff ist ein wichtiger Nährstoff, der die Primärproduktion in marinen Ökosystemen begrenzt. Im Humboldt-Auftriebssystem (HUS) wird davon ausgegangen, dass die Produktivität mit der Verfügbarkeit von anorganischem Stickstoff (N), der durch Auftrieb auf das Schelf an die Oberfläche gebracht wird, skaliert. Allerdings geht durch Denitrifikation und anaerobe Ammoniumoxidation (Anammox) in sauerstoffarmen Unterwasser (OMZ = Sauerstoffminimumzone) viel N verloren. Dadurch wird die Menge an gebundenem anorganischen Stickstoff (in Form von NO3-, NO2- und NH4+) in den an die Oberfläche gelangten Gewässern durch Umwandlung in Distickstoff-N2-Gas reduziert (Canfield 2006). Um den aus der Wassersäule verlorenen fixierten Stickstoff wieder aufzufüllen, kann N durch biologische N2-Fixierung mittels diazotropher Mikroben gewonnen werden.

Die höchsten bisher gemessenen Raten wurden in flachen Küstengewässern, direkt über sauerstoffarmen Gewässern, gemessen, was auf einen engen räumlichen Zusammenhang zwischen Verlust und Gewinn von fixiertem N hindeutet (Weg 1). Allerdings würde eine enge Nähe zwischen der N2-Fixierung, die die Produktion organischer Substanz im Oberflächen-Ozean anregt, und ihrer Remineralisierung in der darunter liegenden OMZ zu einer "unkontrollierten Rückkopplung" im N-Zyklus führen (Landolfi et al. 2013, Paulmier et al. 2009). Aufgrund eines stöchiometrischen Ungleichgewichts verstärkt die Denitrifikation von neu fixiertem Stickstoff den N-Verlust, was eine weitere N2-Fixierung stimuliert und eine positive Rückkopplung auslöst. Diese sich selbst erhaltende Rückkopplung zwischen N2-Fixierung und Denitrifikation kann einen Kipppunkt in der Primärproduktivität des Humboldt-Upwelling-Systems darstellen (Abb. 1).

 

Abbildung 1: Grafische Zusammenfassung der Schlüsselprozesse und potenziellen Rückmeldungen, die im Rahmen des WP1 untersucht wurden. Spezifische zu messende Prozesse sind in den Kästchen hervorgehoben. Die roten Pfeile weisen auf eine potentielle positive "Ausreißer-Rückkopplung" im N-Zyklus hin, bei der bioverfügbarer N-Eintrag durch N2-Fixierung (Ngain) die Produktion organischer Substanz an der Oberfläche anregt und das stöchiometrische Ungleichgewicht bei Remineralisierung in der zugrunde liegenden OMZ (Nloss) zu einem Nettoverlust von N aus diesem hochproduktiven Ökosystem führt. Die grauen Pfeile weisen auf 2 weitere Pfade hin, bei denen diese Rückkopplungsschleife unterbrochen würde.

Um stabilisierende Rückkopplungen zu ermöglichen, müsste das neu fixierte N in weniger bioverfügbaren Formen wie gelöster organischer Stickstoff gespeichert werden (Weg 2) oder die N2-Fixierung und die damit verbundene Produktion organischer Substanz müsste räumlich von den Regionen der Denitrifikation getrennt werden (Weg 3). Aufgrund eines knappen Datensatzes über die N2-Fixierung im HUS ist es derzeit schwierig, das Ausmaß, die zeitliche und räumliche Variabilität und mögliche Rückkopplungen auf den N-Umsatz in der Region genau zu beurteilen. WP1 zielt darauf ab, räumlich und zeitlich aufgelöste Untersuchungen des Humboldt-Upwelling-Systems von der MSM 80-Kreuzfahrt und von IMARPE-geführten Kreuzfahrten entlang des Callao Timeseries Transect bei 12°S zu verwenden.

Zu den wichtigsten Forschungsfragen, die im WP1 untersucht werden, gehören:

  • Wie ist die räumliche Verteilung der N2-Fixierung entlang der peruanischen Küste?

  • Welche biogeochemischen und physikalischen Bedingungen sind mit dem Auftreten der N2-Fixierung verbunden? Ist dies zwischen den Jahreszeiten unterschiedlich?

  • Welcher Anteil der N2-Fixierung wird in gelöstes organisches Material geleitet, das aus den Denitrifikationsgebieten weggeschleust werden kann?

  • Wie verhalten sich die aus dieser Studie gewonnenen Raten im Vergleich zu den Datensätzen aus der Region?

  • Inwieweit könnte der fixierte Stickstoffverlust in der OMZ des HUS durch die N2-Fixierung sowohl heute als auch unter Vorhersagen einer Ausdehnung sauerstoffarmer Gewässer wieder aufgefüllt werden?

 

Bildunterschrift: Besatzung und Wissenschaftler von IMARPE und GEOMAR während einer der von IMARPE geführten Kreuzfahrten im Dezember (Foto: IMARPE VI-Besatzung).

Members:

Prof. Dr. Ulf Riebesell | GEOMAR | Leitender Wissenschaftler

Dr. Allanah Paul | GEOMAR | Postdoktorandin

Dr. Dimitri Guitierrez | IMARPE | Leitender Wissenschaftler

Dr. Carolin Löscher | University of Southern Denmark | Assoziierte Wissenschaftlerin

Dr. Michelle Graco | IMARPE | Leitende Wissenschaftlerin

Leila Kittu | GEOMAR | Doktorandin